Südindien 2019 - Foto-Reisebericht


Ein Arbeitskollege meiner Frau stammt aus Indien und lebt seit 2018 mit Frau und Tochter in Deutschland. Als sein zweites Kind, ein Sohn, hier zur Welt gekommen ist war für die Familie klar: Zur Taufe gehts für einen langen Urlaub nach Hause. Das bedeutet in diesem Fall: Chennai, Südindien, satte 7000 Kilometer von Deutschland entfernt.

Da wir uns mittlerweile ganz gut angefreundet hatten kam es, nach einigem Rumalbern, wie es kommen mußte: Wir wurden zur Taufe eingeladen.

 

Indien. Hui. Nicht gerade unser Wunschkandidat für den nächsten Urlaub, geschweige denn, überhaupt. Wir sind beide eher gern in nordischen Gefilden unterwegs, lieber zu kalt als zu warm, lieber windig und regnerisch als drückende, feuchte Hitze. Die Rahmenbedigungen waren dann aber einfach zu verlockend:

 

- wir konnten bei der Großfamilie wohnen

- es hatte immer jemand Zeit für uns, der mit uns etwas unternehmen konnte

- wir hatten die Möglichkeit, richtig tief in die Kultur Südindiens einzutauchen und bei der Taufe hautnah mit dabeizusein

- am Tag nach der Taufe hatte das Diwali-Lichterfest, eines der größten Hindu-Feste, seinen Höhepunkt

- wir konnten im letzten Teil der Reise noch weitere Orte auf eigene Faust erkunden

- nur noch 2 Worte: Taj Mahal

 

So sagten wir zu und planten unsere Reise, die sich grob so gliederte: 

 

- Flug von München nach Chennai (20. Oktober)

- Unterkunft in Chennai mit Ausflügen, Taufe und Diwali-Feierlichkeiten

- Weiterfahrt zu zweit in den angrenzenden Bundesstaat Kerala, um Regenwald, Berge, Gewürz- und Teeplantagen zu erkunden

- Inlandsflug von Kochi nach Delhi, um das Taj Mahal zu besichtigen

- Rückflug von Delhi nach München (7. November)

 

Alles hat super geklappt, die Mägen haben auch ganz gut durchgehalten. Im Folgenden präsentiere ich meine Fotos von dieser fantastischen Reise und werde dazu kurze Infos geben. Viel Vergnügen beim Betrachten!



 Nach der Landung in Chennai wurden wir vom Flughafen abgeholt, gleich mal von einem fetten Monsun-Schauer begrüßt und fielen ins Bett.

 

Der erste Eindruck: Chennai ist laut, nicht unbedingt wohlriechend, voller Menschen und noch mehr Müll. Was man im grell-weißen Licht der Scheinwerfer und Straßenlampen erahnen konnte war ließ einen sehr... beeindruckt zurück.

 

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Nach einer sehr erholsamen Nacht erkundeten wir den Apartment-Block, in dem wir die nächsten Tage verbringen sollten. Es war eine sog. gated community, d.h. um den Block ist eine Mauer und das Grundstück wird 24h überwacht. Das war für uns sehr ungewohnt und dieses Gefühl sollte auch bestehen bleiben. Bewacht, umzäunt, in Sicherheit. Aber irgendwie halt auch eingesperrt.

 

Die Herzlichkeit und auch die ausgezeichnete Kochkunst unserer Gastgeber lenkte uns von diesem Thema sehr gut ab, wir wurden wie selbstverständlich aufgenommen und mit Essen befüllt, bis wir fast platzten. So schnell kannst Du gar nicht mit der Hand Deinen Teller zudecken, dass nicht vorher schon die Chefin des Hauses Dir noch einen Schöpfer Reis und mehr curry draufgehauen hat. Naja, es gibt wahrlich schlimmeres...

 

Anbei ein paar Eindrücke von unseren Gastgebern und dem Apartment-Block sowie der Ausblick von Dach auf Chennai.



Nach einem erholsamen ersten Tag (schlafen, essen, einkaufen, essen, ratschen, schlafen) ging es tags darauf zum Küstentempel in Mahabalipuram. Auf dem Weg dorthing machten wir schon mal mit dem indischen Verkehr Bekanntschaft. Der Tempel ist aus dem 8. Jahrhundert, mehr Infos dazu gibts hier.



Direkt nebenan ist ein weiteres UNESCO-Weltkulturerbe, das Steinrelief "Entstehung des Ganges" bei Mahabalipuram. Hier wird dargestellt wie der Fluss Ganges von Baghirata als Göttin Ganga vom Himmel auf die Erde gebracht wird und sie dabei von anderen Göttern und Figuren beobachtet wird. Das Relief ist aus dem 7. Jahrhundert und misst stattliche 29x13 Meter.


In der Nähe befindet sich auch "Krishna´s Butter Ball", ein großer, rundlicher Felsbrocken, der auf einem Abhang balanciert. Drumherum wunderschöne versteckte Höhlentempel und lustige Bäume.


Auch den "Fünf Rathas" statteten wir hier einen Besuch ab. Dies waren ursprünglich Granitblöcke, die aus dem Sand ragten. Im 7. Jhdt. wurden sie zu monolithischen Tempeln gestaltet. Es gibt 5 Schreintempel und 3 Tierfiguren.


Zum Abschluss des Tages erklommen wir den Hügel zum Olakkannesvara Tempel, einem alten Leuchtturm aus dem 8. Jhdt. Auch ein neuer Turm ist hier errichtet, den man besteigen kann, was ich mir natürlich nicht entgehen ließ.


Am nächsten Morgen ging es für den Gastgeber Girish und mich vor Sonnenaufgang los, wir fuhren zu einer Marschlandschaft direkt an der Stadtgrenze. Das heißt, eigentlich ist das Gebiet fast komplett von der Stadt umgeben. Es ist eines der Vogelschutzgebiete in Chennai, hier herrscht eine erstaunliche Artenvielfalt. An diesem Morgen waren Pelikane, Kormorane, Eisvögel und zahlreiche andere Wasservögel zu sehen. Geparkt wird, typisch indisch, einfach am Straßenrand, die anderen kommen schon irgendwie vorbei.


Am frühen Abend war shopping angesagt, mitten im alten Herz von Chennai, wo sich viele Geschäfte auf einen Straßenzug konzentrieren. Hierbei sind in verschiedenen Straßen jeweils unterschiedliche Branchen untergebracht, wir waren in der Straße der Schmuck- und Geschenkehändler, da unsere Gastgeber noch Gastgeschenke für die anstehende Taufe kaufen wollten. Alleine wären wir da wohl nicht rein: Der Gestank und das Waten durch Müll (in flip-flops!), der teilweise bis ans Schienbein reicht, war schon sehr abenteuerlich...


Nach so viel Müll waren wir froh, dass wir am nächsten Tag einen Ausflug mit Übernachtung nach Pondicherry unternahmen. Die kleine Stadt versprüht noch sehr viel französisches, koloniales Flair und hat einige schöne Straßen und alte Gemäuer zu bieten. Auf dem Weg dorthin machten wir einen kurzen Halt in Auroville, einer experimentellen Siedlung. Sehr interessantes Konzept, mehr Infos dazu gibts hier: Auroville bei Wikipedia

 

 Die goldene Kuppe ist der Matrimandir, das zentrale Gebäude des ganzen Geländes. Hier steht auch eines der größten Exemplare eines Bengalischen Feigenbaums von Indien. Die Luftwurzeln wachsen nach unten und bilden neue Stämme, so dass eine gigantische, grün überdachte Fläche entsteht.

 

Zuletzt gibts noch ein paar Fotos unseres (zugegebenermaßen leicht feudalen) Hotels.


Ein paar Eindrücke aus Pondicherrys Straßen:


Nach einer erholsamen Nacht gings natürlich für mich früh raus an den Strand zum Fotografieren. Eine Filmcrew für ein Bollywood-Musikvideo war schon vor mir da. Die Jungs haben wir den ganzen Tag über in immer anderen outfits überall in der Stadt gesehen, sehr fleißig. Bei der Hitze den ganzen Tag tanzen (teilweise im Anzug) wär nix für mich.


Im Laufe des Tages hab ich auch den Leuchtturm in Pondicherry erklommen (barfuß, Schuhe dürfen nicht mit rein). Cooles Treppenhaus und von oben hat man eine schöne Aussicht über die Stadt und das Meer.


Am Freitag Abend (wir waren mittlerweile seit 5 Tage in Indien) kehrten wir nach Chennai zurück, da am nächsten Tag die Taufe anstand. "Highlight" war das Piercen beider Ohrläppchen des Täuflings, der das Ganze recht tapfer überstand und nach kurzer Aufregung mit Süßigkeiten wieder gut gelaunt und umtriebig war.

 

Lustig war, dass der Guru der Gemeinde fast die ganze Zeremonie über live zugeschaltet war. Er befand sich zum Zeitpunkt der Taufe in London, ließ es sich jedoch nicht nehmen, an der Zeremonie via Skype teilzunehmen. Und so wurde das smartphone mit dem Guru drin überall im Saal rumgetragen und so ziemlich jeder grüßte ihn lautstark. Die Priester machten währenddessen völlig unbeeindruckt mit der Zeremonie (die dauerte insgesamt fast 2 Stunden) weiter.

 

Leider bewirkte die Kombination aus völlig runtergekühltem Raum, eisigem Luftstrom und starkem Rauch (auf der Bühne wurde alles Mögliche verbrannt), dass es mir zum ersten (und gottseidank auch letztem Mal) in Indien so richtig elend ging und ich den Rest des Tages außer Gefecht gesetzt war.


Am Sonntag war ich wieder auf dem Damm, pünktlich zum krönenden Abschluss der Divali-Feierlichkeiten. Das ist ein bisschen wie bei uns Silvester, nur mit religiösem Hintergrund und alles ne Nummer größer. Die ganze Familie kommt zusammen, geböllert wird eine ganze Woche lang und am letzten Tag gibts kein Halten mehr und alles, was noch nicht in die Luft gejagt worden ist, wird angezündet. Auch tagsüber schon. Nachts schauts natürlich schöner aus und ich war sehr zufrieden, dass ich vom Dach aus einen sehr guten Blick rundum über Chennai hatte.


Am nächsten Tag sagten wir Chennai Lebewohl, den Rest der Reise waren wir noch in Thanjavur und in Munnar untergebracht. Auf der Fahrt nach Thanjavur besichtigten wir den Brihadeeswarar Tempel in Gangaikonda Cholapuram, der auf den folgenden Bildern zu sehen ist (inklusive riesigem Bienenstock auf dem letzten Foto, bei dem sich netterweise zum Größenvergleich ein Papagei danebengesetzt hat).


Die nächsten Programmpunkte waren - nach einem frühen Ausflug zu einem Reisfeld bei Sonnenaufgang mit fotogenem Regenbogen - der große Tempel (inklusive fettem Regenschauer) und der Palast in Thanjavur. Unterwegs hab ich abseits der Straße noch einen stattlichen Pfau erwischt. 


Tags darauf war die zweite Taufzeremonie angesetzt: Heute gings dem kleinen Nithvik an die Haare! Das Ganze fand im Heimat-Tempel des Opas statt; ein kleines Dorf mitten in Tamil Nadu, der Tempel war entsprechend klein und auch noch fast komplett open air. Zuerst wollten wir den einsetzenden Regenschauer noch abwarten, es wollte jedoch nicht aufhören und so klingelte der Chef (=Opa) zum Beginn. So gings halt im strömenden Regen los, fast jeder war bald bis auf die Unterhose durchnässt und Nithvik ließ die Rasiererei recht ruhig über sich ergehen.


Nach der Taufe war es an der Zeit, sich von unseren Gastgebern zu verabschieden, den Rest der Reise bestreiteten wir zu zweit und fuhren zunächst zu unserem Quartier in Munnar. Munnar ist eine sog. "Hill station", ein Teeanbaugebiet in den Bergen im Landesinneren. Dorthin zogen sich die Kolonialherren gerne zurück, wenn es im Flachlabd zu heiß wurde. Auch wir freuten uns auf ein erträglicheres Klima und wurden nicht enttäuscht. Von der Landschaft ganz zu schweigen. Die Fotos sind im Umfeld von Munnar und im Eravikulam National Park entstanden.


An unserem zweiten Tag in Munnar widmete ich mich fotografisch ganz den malerischen Teefeldern...


Am nächsten Tag wars neblig, die Stimmung in den Teefeldern war trotzdem großartig.


Nach der Erholung im Bergland gings auf zum großen Finale, dem Taj Mahal in Agra. Dieses besuchten wir zweimal, zuerst näherten wir uns von der Rückseite am Abend.


Dann brach unser letzter Tag in Indien an und wir fuhren vor Sonnenaufgang nochmal zum Taj, um es uns auch noch von innen anzusehen. Leider versteckte sich die Sonne sehr lang hinter dem smog-Vorhang, ein Erlebnis war es natürlich trotzdem (inklusive Eisvogel mitten auf dem Gelände). Den Urlaub beschlossen wir mit dem Besuch des roten Forts in Agra und einer Stippvisite beim Lotustempel, bevor wir uns auf den langen Nachhauseweg machten und wohlbehalten wieder in München landeten. Vielen Dank fürs Lesen, ich hoffe, ich konnte einen kleinen Eindruck dieses riesigen und sehr vielfältigen Landes vermitteln.